Lena 2022/2023
Interview mit Lena
Warum hast du dich für einen Freiwilligendienst entschieden?
Für mich stand damals in der Mittelstufe schon fest, dass ich nach dem Abitur ein Jahr als Freiwillige arbeiten möchte. Dabei habe ich es weniger als Pause zwischen Ausbildung/ Studium betrachtet, sondern viel eher als eine Chance auf Abwechslung zur eigenen Schulzeit und um in das Arbeitsleben reinschnuppern zu können, bevor es mit dem nächsten Schritt weitergeht. Ich wollte die Möglichkeit nutzen, um ein besseres Gefühl für meine Persönlichkeit außerhalb des eigenen Schullebens zu entwickeln und um auf diese Weise herauszufinden, ob ein Beruf im sozialen Bereich für mich infrage käme. Außerdem konnte ich mir so den Druck nehmen mich nach der Schule sofort für einen Beruf entscheiden zu müssen.
Wie bist du auf die Stelle in der LVR-David-Hirsch-Schule aufmerksam geworden?
Zum Jahreswechsel ’22 habe ich angefangen mich über mögliche Einsatzstellen zu informieren. Auf der Website des Bundesfreiwilligendienstes kann man bei der Einsatzstellensuche nach gewünschtem Standort und Einsatzbereich filtern. Dort bin ich das erste Mal auf die LVR-David-Hirsch-Schule gestoßen und mein Interesse wurde sogleich geweckt. Schnell stand fest, dass die DHS meine favorisierter Einsatzort war. Allerdings hieß es auf www.bundesfreiwilligendienst.de, dass alle Plätze bereits vergeben seien.
Wie hast du dich bei der LVR-David-Hirsch-Schule beworben?
Ich entschied mich dazu, dass es sicherlich nicht schaden würde es trotzdem einmal zu versuchen und meldete mich per Mail. Zum Glück stellte sich heraus, dass die Website diesbezüglich nicht aktuell war. Meine Bewerbungsunterlagen habe ich daraufhin persönlich abgeben, sodass sich die Schulleitung ein genaueres Bild von mir machen konnte und ich auch einen ersten Eindruck der Förderschule bekam. Im April durfte ich dann ein vierwöchiges Praktikum absolvieren, welches mir bereits unheimlich viel Freude bereitete. Am Ende erhielt ich glücklicherweise die Rückmeldung, dass ich ab September mein FSJ in der DHS leisten könnte.
Hattest du bereits vor deinem FSJ/BFD Kenntnisse im Bereich der Gebärdensprache oder lautsprachbegleitenden Gebärden? Und wie ist es heute? Wie hat die Kommunikation mit den hörgeschädigten Kindern funktioniert?
In meinem persönlichen Umfeld hatte ich zuvor überhaupt keinen Kontakt mit der Gehörlosenkultur und musste mir jegliches Grundwissen selber aneignen. Ich tat es aus purer Neugier und fand (und finde es immer noch) unheimlich schade, dass ein minimales Grundwissen für viele hörende Menschen nicht selbstverständlich ist. Ich bin also im Prinzip als völlige Anfängerin eingestiegen, habe mich aber nie verloren fühlen müssen. Es war immer jemand, da der mich unterstützen konnte, ob Schüler oder Erwachsener. Weil es sich um eine buntgemischte Gruppe an Menschen an der DHS handelt, haben alle einen unterschiedlichen Hintergrund zur Gebärdensprache und man muss sich nicht verurteilt fühlen, wenn man sie nicht perfekt 'spricht‘. Irgendwie ließ sich immer die Möglichkeit finden miteinander zu kommunizieren. Zu Beginn hieß es für mich vor allem „learning by doing“. Obwohl sich das Ausführen der Gebärden mit Hand und Fingern anfangs noch sehr unnatürlich und alles andere als flüssig angefühlt hat, habe ich besonders die ersten Monate sehr viel auf einmal gelernt. Das Vokabular an alltäglichen Unterrichtsgebärden ist schnell verankert. Meistens nutze ich die Gebärden jedoch eher lautsprachunterstützend, da mein Denken sehr an die deutsche Grammatik gebunden ist und ich mich nicht immer traue eine Unterhaltung auf DGS zu führen. Zwischenzeitlich hatte ich die Möglichkeit an einem von der Schule organisierten DGS-Kurs teilzunehmen um meine Kenntnisse zu erweitern und zu sichern.
Welche Arbeitsbereiche hast du in der DHS kennenlernen dürfen?
Mein Stundenplan war sehr abwechslungsreich, sodass ich einen großen Einblick in die verschiedenen Arbeitsbereiche erhalten konnte. Ich hatte immer das Gefühl, dass auf meine Wünsche so gut wie möglich Rücksicht genommen wurde. Drei Tage in der Woche durfte ich die Klasse 1/2a, Klasse 2b und Klasse 1-4 für mehrfach behinderte Kinder unterstützen. An den anderen beiden Tage der Woche ging es dann in den Kindergarten und nachmittags war ich immer in der Offenen Ganztagsschule tätig. Insgesamt habe ich mit Kindern zwischen 4 und 11 Jahren gearbeitet.
Welche Aufgaben durftest du übernehmen?
Während des Vormittags unterstützte ich die Lehrkräfte bei vielen kleinen alltäglichen Aufgaben, konnte den Kindern bei Schwierigkeiten helfen und durfte sie zwischendurch einzeln fördern. Oft ähnelten meine Aufgaben denen einer Schulbegleiterin / Integrationshelferin. Ich wurde in die Rituale eingeführt und durfte sie wenig später selbst anleiten. Für die SchülerInnen war ich eine zusätzliche Ansprechpartnerin und das Spielen kam im Kindergarten und der OGS natürlich auch nicht zu kurz. In der 0GS betreute ich die Kinder beim Mittagessen, während der Hausaufgabenzeit und bei besonderen Angeboten, wie z.B. Backen und Kochen.
Wenn du an die Zeit vor dem Freiwilligendienst zurückdenkst. Hast du dich verändert bzw. hast du irgendwelche positiven Erkenntnisse, Erfahrungen oder Fähigkeiten für dein weiteres Leben mitnehmen können?
Auf jeden Fall! Ich fühle mich sicherer im Umgang mit Kindern verschiedenen Alters und habe allgemein ein besseres Gefühl dafür entwickelt meine eigenen Fähigkeiten einzuschätzen. In dem Jahr wurde mein Selbstbewusstsein bestärkt, wodurch es mir nun auch einfacher fällt mich auf neue Situationen mit weniger Sorgen einzulassen. Es war insgesamt ein enormer Schritt in die Selbstständigkeit für mich. Besonders für die Wertschätzung und das tolle Arbeitsklima bin ich unendlich dankbar und halte es in diesem Ausmaß für nicht selbstverständlich.
Angenommen dich fragt ein unentschlossener Mensch, ob sich ein FSJ oder ein BFD lohnt. Was antwortest du?
Meiner Meinung nach lohnt sich ein Freiwilligenjahr in mehr als einer Hinsicht! Es eignet sich besonders für Menschen, die sich noch unsicher sind, welchen Beruf sie ergreifen wollen, sich persönlich weiterentwickeln und praktische Erfahrungen sammeln möchten. Man kann seinen Lebenslauf aufpolieren und sich das Jahr, z.B. für das Studium oder die Fachhochschulreife anrechnen lassen. Der wohl aber wichtigste Punkt für mich persönlich ist, dass man einen positiven Einfluss auf das Miteinander in dieser Gesellschaft hat und seinem Leben einen tieferen Sinn geben kann. Die Arbeit gibt einem sehr viel zurück und es ist unheimlich spannend die Kinder bei ihrer Entwicklung zu beobachten. Jedem Mensch, der in Betracht zieht, ein FSJ /BFD zu absolvieren, werde ich die LVR-David-Hirsch- Schule wärmstens ans Herz legen!